Hallo bibbi,
jetzt wirf die Flinte nicht gleich ins Korn. Es könnte durchaus sein, dass Du das Rad zum Spinnen bekommst. Zwar nicht so komfortabel wie ein modernes extra fürs Spinnen produzierte Rädchen ... aber wenn gerade das nötige Kleingeld für ein solches Rad fehlt (ich hoffe, Du hast für dieses nicht zu viel Geld hingelegt).
Dein Rad hat nur einen einfachwirkenden Tritt, d.h. Du kannst nur bei knapp der Hälfte einer Umdrehung Kraft einwirken lassen, die das ganze antreibt.
Ein solches Rädchen muss am Anfang i.R. immer erst mal per Hand angeschubst werden und dann darfst Du nur Druck auf das Pedal ausüben, wenn es den oberen Totpunkt - die oberste Stellung - schon passiert hat und auf der Abwärtsbewegung ist. Der Schwung den Du so dem Rädchen gibst muss reichen um das Schwungrad so weit zu drehen, dass es den oberen Totpunkt - die Höchststellung des Pedals (der Kurbel) wieder passiert hat und Du wieder neuen Druck ausüben kannst.
Während der Aufwärtsbewegung solltest Du sogar das Gewicht Deines Fußes vom Pedal nehmen, sonst muss der Schwung ja auch ausreichen, um Deinen Fuss mit nach oben zu ziehen.
Du siehst, es gehört etwas Geschick und Übung dazu, damit Du immer den richtigen Zeitraum triffst, bei dem Du Druck auf das Pedal ausüben darfst. Stelle Dich darauf ein, dass dies nicht sofort auf Anhieb klappt und eine ganze Weile per Trockenübung (ohne zu Spinnen - nur Treten) geübt werden muss.
Moderene Räder haben i.R. einen Wiegetritt oder einen Doppeltritt - damit tut man sich beim Treten deutlich einfach - aber es ging früher ohne und sollte mit etwas Übung auch jetzt klappen.
(
Hier findest Du übrigens einen Fred, der die verschiedenen Trittarten und -formen mit Bild erklärt)
Damit ein Rädchen mit Einfachtritt gut funktioniert, sollte alles natürlich möglichst leicht laufen - mit möglichst wenig Reibung, d.h. es ist wichtig sein Rad gut zu Warten, zu Schmieren.
Was hast Du in dieser Richtung schon unternommen? Mit was hast Du wo schon geschmiert? (Aber kein Öl dort wo irgendwas direkt auf Holz sich bewegt - saugt das Holz das Öl auf, kann es evtl. quellen und alles geht noch schwerer - wir können Dir hier aber nach und nach Erklären, was Du womit am besten schmierst).
Hast Du irgendwas gereinigt, von altem Fett, Wachs und Verschmutzungen befreit?
Um sein Rädchen besser kennen zu lernen, ist es immer gut, wenn man alle Komponenten einmal einzeln per Hand durchbewegt. So merkt man am ehesten, ob und wo irgendwas ungewöhnlich schwer geht.
Also nimm einmal den Antriebsriemen ab (hänge ihn irgendwie zur Seite, so dass er nicht stört). Dann kannst Du bei Deinem Rad auch die Antriebsstange an der Metallkurbel (Verlängerung der Schwungradachse) aushängen.
Dann fangen wir mal mit dem Pedal an. Auf dem Foto sieht es so aus, als ob die Pedalachse auf der linken Seite (wenn man normal wie zum Spinnen vor dem Rädchen sitzt) verbogen, etwas abgeknickt ist. Das muss jetzt nicht zwangsweise die Funktion beeinträchtigen, sollte man sich aber mal näher anschauen (die rechte Seite sieht man nicht auf den Fotos).
Kippe das Rad jetzt mal vorsichtig nach vorne um und untersuche dann das Pedal genauer. Sitzt (es trotz der Verbiegung) noch sich in den beiden Lagern in den Spinnradbeinen?
Bewege es sanft hoch und runter (im Rahmen der normalen Trittbewegung - notfalls Antriebsstange noch mal in der Kurbel anhängen). Geht es leicht, klemmt es nicht, schlabbert nicht zu schlimm ... macht irgendwas komische Geräusche (schabend, knarzend)?
(Dabei kannst Du gleich kontrollieren, ob die Beine noch alle fest sitzen)
Wenn Du damit durch bist, schau Dir mal die Verbindung Trittbrett - Antriebsstange an. Wie ist die beschaffen? Ist sie noch stabil oder gehört sie eher erneuert?
Hat sie zu viel Luft? Müsste sie vielleicht gestrafft werden?
Dann stelle das Rad wieder auf.
Jetzt schubse das Schwungrad mal leicht mit der Hand an. Dreht es sich gut/läuft es leicht? Wie lange läuft es noch nach nach dem Anschubsen?
Eiert das Rad? Geht es irgendwo aus dem Leim?
Steht es schief zwischen den beiden Spinnradpfosten? (Bei einem Rad, auf dem länger gesponnen wurde und das keine vernünftigen Achslager hat, frist sich gerne die Spinnradachse im hinteren Lager tiefer ins Holz (durch den Druck der Antriebsstange den es vorne nicht gibt) - das kann man einfach beheben, indem man irgendwas unterlegt am hinteren Spinnradlager - falls das der Fall ist, erkläre ich das gerne genauer).
Schau Dir mal die Lager des Schwungrades näher an (also da wo die Achse durch die Spinnradpfosten durchgehen).
Dreht sich die Metallachse direkt im Holz oder ist da irgendwas dazwischen bzw. untergelegt?
Lassen sich die Knebel, die das nach oben hin sichern, einfach rausnehmen oder sind sie festgemalt (mit festlackiert oder gar eingeklebt)?
Wenn Du sie entfernen kannst, könntest Du das Schwungrad ganz rausnehmen und schauen, ob da irgendwelche Rückstände darin festpappen, die Du entfernen kannst.
Je nachdem, wie das Lager da ausschaut, kann man an dieser Stelle viel tun, um die Leichtgängigkeit des Schwungrades zu verbessern.
- Reinigen
- Schmieren (mit was, hängt davon ab, welche Materialien da zusammentreffen)
- evtl. Auflagefläche mit flüssigem Wachs einlassen oder
- ein Leder- oder Filzlager einbauen
- ggf. hinteres Lager auffüttern (um tiefere Abnützungen dort auszugleichen)
Dann zum wichtigsten Teil des Spinnrades: dem Spinnflügel (mit Antriebswirteln).
Von diesen Teilen hängt es maßgeblich mit ab, ob das Rad zum Spinnen taugt.
Am Besten wäre es, wenn Du uns davon ein Foto machen könntest ... mit abgenommenem Antriebsriemen, von oben, so dass die Spinnflügelarme waagrecht stehen.
Da der Antriebsriemen doppelt genommen zu sein scheint, handelt es sich wohl um ein Zweifädiges Spinnrad. Somit sollte die Spule eine Antriebsscheibe (=Spulscheibe) haben und auch eine Antriebsscheibe der Spinnflügel (=Wirtel).
Test 1:
Schubse den Spinnflügel an und schau ob er sich leicht und frei dreht
Test 2:
Halte den Spinnflügel an den Armen fest und versuche die Spule anzuschubsen oder zu drehen. Sollte leicht und frei laufen (und zu klemmen oder stark irgendwo zu schleifen).
Hast Du schon festgestellt, ob und wie Du die hinterste Antriebsscheibe (d.h. die des Spinnflügels = Wirtel) abmontiert bekommst?
Viele (richtig zum Spinnen ausgelegte Spinnräder) haben dort ein Linksgewinde (also genau anders herum wie bei einer normalen Schraube, d.h. Du müsstest rechtsherum/im Uhrzeigersinn daran drehen, um ihn von der Spinnflügelachse loszuschrauben) oder es könnte auch eine Art Steckverbindung sein ...
Bei einigen Dekorädern lässt sich der Wirtel gar nicht abbauen (ganz doof fürs Spinnen) oder sie haben dort ein Rechtsgewinde (nicht so optimal, weil man dann durch die normale Drehrichtung (übliche beim Spinnen des Einzelfadens) des Spinnrades im Uhrzeigersinn in Gefahr läuft, den Wirtel abzuschrauben - das Spinnen funktioniert aber notfalls trotzdem damit).
Die Rillen von der Spulscheibe und dem Wirtel (die beiden Antriebsscheiben) sollten einen unterschiedlichen Durchmesser haben. Bei einigen Dekorädern haben beide Scheiben den gleichen Durchmesser - damit ist das Spinnen im zweifädigen Betrieb nicht möglich, denn beides, die Spule und der Spinnflügel würden sich immer in derselben Geschwindigkeit drehen und damit der Faden nie aufgespult werden.
Mit diesem Durchmesserunterschied gibt der Spinnradkonstrukteur die Grundeinzugsgeschwindigkeit vor (d.h. wie schnell/stark der Faden durch die Spinnöffnung eingezogen wird). Eigentlich ist es die Maximalgeschwindigkeit des Einzuges. Durch die Veränderung/Herabsetzung der Riemenspannung erlaubt man ja dem Antriebsfaden auf der Spulscheibe durchzurutschen (wenn man den Spinnfaden festhält) und somit weniger einzuziehen.
(mehr über die Funktionsweise eines Zweifädigen Rades kannst Du
hier bei der Handspinngilde nachlesen (falls Dir der Stil bekannt vorkommt - der Text und die Bilder stammen auch aus meiner Feder).
(Sollten der Durchmesserunterschied nicht ausreichend dimensioniert sein, könntest Du Dir als Notlösung das Rädchen relativ einfach zu einem einfädigen Rad mit Spulen- oder Flügelbremse umbauen)
Wie sehen die Lager des Spinnflügels aus?
(die Leder(?)-Laschen wo vorne die Spinnöffnung und hinten die Spinnflügelachse drin stecken)
Auf dem Foto sieht die vordere davon irgendwie komisch aus. Als ob sie abgeknickt wäre oder irgendjemand irgendwas drangeklebt hätte. Kannst Du das mal genauer beschreiben (oder fotografieren)?
Wenn diese defekt sind, wäre es kein allzu großer Beinbruch. Du müsstes die Teile halt entfernen und Dir z.B. bei einem Schuster ein entsprechendes Reststück Sohlenleder in passender Dicke besorgen und Dir neue Lager zuschneiden und dort einkleben.
Diese Lederlager müssen regelmäßig im Betrieb geschmiert werden - aber niemals mit flüssigem Öl (das macht sie hart und brüchig) sondern mit Lederfett (natürlich farblos) oder notfalls auch Vaseline.
Lässt sich die Riemenspannung bzw. die Höhenverstellung des Spinnflügelhalters problemlos bewegen? Das ist dieser Handgriff über dem Holzgewinde...
Möglichst dabei keine Gewalt anwenden. Am besten schmierst Du das ganze, in dem Du die Gleitflächen an den äußeren runden Halterungen und das Gewinde mit Kerzenwachs oder Seife einreibst (Kein Öl oder Fett!!!!!) und etwas durchbewegst.
Dann ist mir noch aufgefallen, dass der Antriebsriemen unförmig und zu dick aussieht (kann aber evtl. durch das Foto täuschen).
Schau mal, ob Du was dünneres findest, was Du mit einem
Kreuzknoten verbindest.
Etwas dickeres Baumwollkettgarn (wie man es z.B. beim Weben mit Schulwebrahmen oft verwendet) oder dünneres Paketband aus Naturfasern (nicht das Plastikzeugs - leider heutzutage nur noch sehr schwer zu bekommen) funktioniert ganz gut.
Meiner Meinung nach, lohnt es sich wahrscheinlich wirklich, sich erst mal mit diesem Rädchen ein bißchen zu beschäftigen, und zu schauen, ob man es nicht zum Laufen bekommt. So wie ich Dich verstanden habe, hast Du nicht gerade viel Geld für dieses Hobby zur Verfügung. Deshalb weiß ich nicht, ob es jetzt Sinn macht, nochmal um die 100 EUR auszugeben, um ein Spinnrad wie ein Louet S10, Willy oder ähnliches mit wieder nur begrenzten Möglichkeiten zu kaufen.
Mit etwas Glück kriegst Du das Rad einigermaßen zum Laufen und gewinnst dadurch Zeit, die Du verwenden kannst, um nach einem günstigen Rad, das Deinen Ansprüchen auch noch in einiger Zukunft genügen wird, Ausschau zu halten und/oder evtl. Geld für ein etwas teureres Rädchen zusammen zu sparen.