im alten Forum geschrieben am 28.05.2005 - 11:19
Baumwolle spinnen ist was gaaaaanz anderes als Wolle spinnen. Deswegen kann es nur klappen, wenn man alles, was man in Bezug auf das Wolle spinnen schon gelernt hat, einfach wieder vergisst.
Baumwollfasern sind extrem dünn u. kurz u. haben ja keine Schuppen wie Wollfasern ... d.h. sie verhaken sich nicht aneinander -> rutschen leichter wieder auseinander.
Um einen haltbaren Baumwollfaden zu spinnen brauchst Du
viieieeel Drehung u. er sollte auch
nicht zu dick sein. Wenn man den einzelnen Baumwollfaden sehr dick macht, hat er zu wenig Drehung. Er mag zwar im Moment noch halten, aber da die Fasern gleichzeitig auch noch rutschig sind u. nicht so gut zusammenhalten, ist ein solcher Faden nicht sehr stabil/haltbar.
Deswegen bestehen ja auch sehr dicke gekaufte Baumwollgarne aus vielen, vielen feinen Einzelgarnen, die zusammengezwirnt wurden.Da die Fasern so kurz sind und man so dünnes Garn damit spinnt, ist das
Faserdreieck (das Dreieck wo die Fasern ausgezogen werden und anfangen Drehung zu bekommen) so
winzig klein, dass es kaum existent ist.
Man kann jetzt in einer Art
langem Auszug spinnen u. muss nur aufpassen, dass das Faserdreieck so klein bleibt u. nicht in das Faserband mit reinläuft. Man zieht im ersten Arbeitsschritt hauptsächlich die Fasern aus (d.h. der Faden entsteht) u. fügt nur so viel Drehung bei, so dass der Faden nicht reisst. So wird der Faden
mit relativ wenig Drehung ausgezogen, bis er die Länge u. Dicke erreicht hat u. dann wird
im zweiten Schritt noch ganz viel mehr Drehung zugefügt (im Vergleich zu Wollgarnen extrem sehr viel Drehung mehr) ...
Das Ausziehen im ersten Schritt ist ein
ganz sanfter Vorgang, man wendet keine Gewalt, kaum einen Zug an (würde ja auch sofort reißen sonst) ... wenn's zu schwer geht, hat man schon zu viel Drehung zugefügt u. mit dem Ausziehen wird's nichts mehr (naja, nicht mehr wirklich).
Dieses Gefühl zu entwickeln für dieses sanfte Ausziehen, bei dem man eigentlich gar nicht wirklich zieht, das ist die Kunst/das Problem. Zumal die Spanne zwischen zu viel Zug (Faden reißt) und zu wenig Zug sowie genauso die Spanne zwischen zu wenig Drehung und zu viel Drehung (Faden läßt sich nicht mehr weiter ausziehen) extrem klein ist u. deswegen kommt einem das schwierig vor.
Wenn man erst mal das Gefühl entwickelt hat, dann gehts wie von selbst von der Hand
(naja u. wenn man so blöd ist, wie ich, und man mal länger nicht BW gesponnen hat, dauerts auch wieder ne Weile bis das Gefühl wieder da ist).
Jetzt muss ich noch einen wichtige Sache für den Übergang von Schritt 1 und Schritt 2 des langen Auszuges sagen: Wenn man mit dem Ausziehen fertig ist und bevor man anfängt, die viele Drehung zuzufügen, muss man
den Spinnfaden vor dem Faserdreieck
unbedingt abklemmen und so
verhindern, dass die viele
Drehung bis
in den Faservorrat hineinwandern kann, sonst kriegt man ernsthafte Probleme nach dem Aufwickeln weiterzuspinnen.
Zur Handhaltung bzw. Faserfesthaltung:Ich selbst spinne etwas eigenartig Baumwolle ... irgendwie habe ich das Baby-Mini-Faserdreieck zwischen Daumen und Zeigefinger eingeklemmt u.
durch den Druck zwischen den beiden Fingern kontrolliere ich, wie weit die Drehung in das Faserdreieck hineinläuft.
Man kann aber auch die Fasern so halten, dass der Spinnfaden frei in den Faservorrat (Band, Punis) hineinläuft und während dem Ausziehen gar kein Finger die Drehung irgendwie beklemmt und erst wieder in's Spiel kommt, wenn fertig ausgezogen wurde u. man beginnt Drehung zuzufügen.
Oder man kann beim Ausziehen das Einlaufen der Drehung mit einer Art Berührungspunkt-Methode kontrollieren (Ein Finger tippt nur so von einer Seite auf den Spinnfaden u. (be-)hindert so die Drehung am weiterlaufen).
Wichtig bei Baumwolle im BandDas Band hat ein gutes und ein "böses" Ende.
Nur von einem Ende her lässt es sich gut ausziehen und gut verspinnen. Wenn's also nicht so klappen will, einfach mal das Band umdrehen und versuchen vom anderen Ende zu spinnen u. gucken, auf welcher Seite es besser geht!
Zu beachten wenn man das Garn verzwirnen willSoll das Garn verzwirnt werden, muss man es wirklich (total) überdrehen, da man beim Zwirnen ja auch wieder einen Gutteil der Drehung rausnimmt. Wenn man beim Spinnen ab und an mal eine Rückzwirnprobe macht, muss das Ergebnis wirklich sehr sehr stark verdreht und ganz hart und "unbequem" aussehen (wird dann beim Zwirnen wieder weicher).
mit welchen Spinnrädern/Handspindeln kann ich Baumwolle verspinnenWer obige Beschreibung aufmerksam durchgelesen hat, wird vielleicht schon selbst zu diesem Schluss gekommen sein. Wenn ich beim Ausziehen der Fasern nur einen ganz sanften bis gar keinen Zug gebrauchen kann, sind natürlich nur solche Spinnräder wirklich zum Verspinnen von Baumwolle geeignet, die den Einzug entsprechend weit heruntergeregeln lassen. Und natürlich braucht man (oder ist zumindest besser) eine möglichst hohe Übersetzung, da man ja viel, viel Drehung dem Garn zufügen muss.
(Beispiel: Ich würde - glaube ich - wahnsinnig werden, wenn ich versuchen würde, mit dem Louet S10 oder dem Moswolt Baumwolle verspinnen zu wollen)Deshalb bieten sich ja Spindelspinnräder (Charkas und Co.) oder Spindelspinnaufsätze mit hoher Übersetzung sehr für's Baumwolle spinnen an.
Ich selbst habe ehrlich gesagt noch gar keine Baumwolle mit einem Flügelspinnrad versponnen. Das liegt aber einfach daran, dass ich ein Indian Book Charka, ein Ashford Charka und natürlich auch noch diverse Standspindeln (Supported Spindles, "Spindeln in der Schüssel) dafür habe.
Ansonsten würde ich ein schnell übersetztes Spinnrad mit Spulenbremse oder mit zweifädigem Antrieb (kleiner Antriebsscheiben unterschied zwischen Spule u. Flügel) bevorzugen.
Ich denke mit meinem Ashford (normaler Flügel schnellste Übersetzung - besser noch Lace-Flyer) oder auch mit dem kleinen Wirtel des Symphonie dürfte das eigentlich auch keine Probleme geben. Nur um mal zwei geeignete Spinnräder aus meiner Herde zu nennenim alten Forum geschrieben am 30.09.2005 - 03:40
Wenn es Euch interessiert, wie viele verschiedene Sorten von Baumwolle es gibt, dann müsst Ihr mal einen Blick über den Teich nach U.S. werfen. Dort in den Spinnkatalogen bezüglich Baumwollfasern zu spinnen, macht echt total Spaß.
Hier bekommt man ja meist nur eine Sorte weiße Baumwolle
(ohne weitere Beschreibung). Traub hat (oder hatte zumindest) auch Baumwolle in anderen Naturfarben (braun, grün) im Programm, aber das steht und stand in keinen seiner Internet- oder Papierkatalog je geschrieben (da hilft nur anrufen). Auch sind diese nicht gerade preisgünstig.
Hier ist
eine schöne Seite über untersch. Baumwollsorten (in Engl.) zu finden.
Auch diese Baumwollfasern aus recycleten Jeans, die es drüben gibt, würden mich auch mal sehr reizen.