Im Februar hatte mich in einem Nachbarforum eine Frau darum gebeten, neue Wollkämme gebastelt zu bekommen, die möglichst mittelaltertauglich sein sollten. Weil ich selber auch schon welche haben wollte, haben wir etwas recherchiert, und ich habe mir nach Fertigstellung des ersten Modells kurzerhand das Kämmen mit den einreihigen Kämmen zeigen lassen.
Ausgangspunkt war diese historische Abbildung:
http://www.nuernberger-hausbuecher.de/7 ... b-5-r/dataDas Ergebnis, das ich für mich selbst mittlerweile auch gebaut habe, sieht so aus:
Das Ausgangsmaterial ist simpel: zwei Aststücke von ca 3cm Durchmesser für den Kopf, zwei Stücke mit ca. 2,5cm Durchmesser für die Griffe, insgesamt (hier) 26 Zinken, aus 3mm Stahldraht, auf einer Seite spitz angeschliffen und in Öl angelassen.
Die beiden Aststücke für den Kopf wurden entrindet und mittig eine 15mm-Bohrung hineingesetzt. Jeweils ein Ende der Griffstücke wurde 3cm lang auf 15mm heruntergedrechselt, der Rest entrindet und der 15mm-Zapfen zu 2/3 längs eingesägt. Aus Hartholz gabs dann nach dem Entgraten je einen Keil nach dem Zusammenstecken in den entstandenen Schlitz - hält bombenfest und ist historisch belegt.
In die Kopfstücke wurde dann je eine Reihe 3mm-Bohrungen gesetzt und die Zinken mit dem Hammer mit Gefühl durchgetrieben.
Breite der Köpfe: ca. 15cm, Material ist Ahorn (Köpfe) und Hasel (Griffe), die Keile sind aus Eiche. Die Zinken sind aus schnödem St38-Baustahl, rotglühend gemacht und in Walnussöl angelassen. Dank des Anlassens und der dauernden Einfetterei beim Kämmen rosten die auch nicht.
Das Kämmen hat mir oben genannte Frau gezeigt, sie hatte es zunächst ebenfalls nach der Seite von Faserfieber gelernt, dann aber schnell festgestellt, dass man mit der Hälfte an Aufwand auch gut und locker zurechtkommt.
Auf das Erhitzen und Ölen der Kämme und den restlichen Bühnenzauber kann man prima verzichten, wenn man frischgeschorene Wolle kämmt.
Auf dem Bild ist das noch fettige Wolle vom Tiroler Bergschaf (da glitzern noch kleine Lanolin-Tröpfchen drin), die Kämme gehen ganz ohne grossen Zinnober durch wie durch Butter.
Fazit: ich hab mir 'nen neuen Virus eingefangen.
p.s.: Anmerkung zum obigen Beitrag - beim Kämmen entsteht
Kammzug, kein Kardenband. Das kommt beim Kardieren heraus.
Aus letzterem wird Streichgarn, aus gekämmter Wolle Kammgarn.
Dank der Tatsache, dass da nur lange Fasern drin enthalten sind, die auch noch strikt parallel liegen, ist auch erklärbar, dass bereits in grauer Vorzeit Stoffe aus hauchzart versponnenem Kammgarn belegt sind.
Mit einer kleinen Standspindel im Schälchen laufend komme ich da auf Nähgarnstärke. Schon probiert.