im alten Forum geschrieben am 14.06.2006 - 12:36
Was ich einerseits sehr hilfreich fand, um Auszugstechniken zu begreifen, waren die Videos (ich habe inzwischen alle). Andererseits haben sie die Sache auch wieder kompliziert, weil z. B. Mabel Ross und Patsy Z. "longdraw" unterschiedlich interpretieren, und Frau Henkys und Judith McKenzie Shortdraw unterschiedlich ausführen.
Ich habe bis jetzt ca. 4 - 6 Techniken _gesehen_ (lesenderweise habe ich immer Schwierigkeiten nachzuvollziehen, welche Hand gerade was macht):
- die hintere Hand ist mehr oder weniger stationär ungefähr im Schoss und die vordere Hand zieht Fasern raus, wobei dann entweder sorgfältig darauf geachtet wird, dass die Drehung vor der vorderen Hand bleibt (-> worsted) oder nicht (short draw nach McKenzie und Z.)
- die vordere Hand ist mehr oder weniger stationär am Faden und hält die Faserdrehung auf und die hintere Hand zieht das Büschel ungesponnener Fasern vorsichtig ein paar cm nach hinten (short draw nach Frau Henkys)
- die vordere Hand ist am Faden und lässt immer mal wieder ein bisschen Drehung durch und die hintere Hand zieht am Faserbüschel lang nach hinten (longdraw nach Patsy Z. und McKenzie)
- die vordere Hand ist am Faden und lässt die Drehung durch und die hintere Hand greift zum (von ihr aus) ersten auf die gewünschte Dicke ausgezogenen und verzwirnten Fadenabschnitt und zieht an dem (echter "woolen" longdraw nach Mabel Ross - sie besteht darauf, dass die vorige Methode nicht richtig ist. Ich werde Mabels Methode bei nächster Gelegenheit ausprobieren, ich hatte mit der anderen nämlich immer Schwierigkeiten.)
- und wenn ich Paula Simmons 'spinning for softness und speed" richtig verstanden habe (ich habe das Buch nicht, mein Wissen stammt von Kommentaren auf der Knitters Review List) hält sie die sorgfältigst gekardeten, eher kurzen Fasern praktisch ruhig in einer Hand und lässt das Spinnrad den Faden mehr oder weniger alleine rausziehen (ich denke mal, die zweite Hand hilft bei Problemen - die Technik wird als modifizierter Longdraw beschrieben).
Sooo viele Möglichkeiten kann's ja nicht geben, zwei Hände und einen Faden zu kombinieren. Und wie genau man die Finger hält, kann jede(r) selbst entscheiden (Mabel Ross z. B. hat die ziehenden Finger sehr seltsam um den Faden rum arrangiert).
Die Amerikanerinnen sehen die verschiedenen Auszugstechniken ganz locker ("Es gibt keine Spinnpolizei - wenn du das produzierte Garn magst, ist es richtig"). Das Streben nach Präsizion scheint typisch europäisch zu sein (für Peter Teal existiert ja auch nur true worsted). Abgesehen davon wäre es schon schön, gut klingende, leicht zu merkende deutsche Begriffe zu haben, aber bei den E-Bay-Preisen diesen Winter habe ich mir Paula Simmons Buch lieber auf Englisch gekauft....
(Wenn ich mal viel Zeit habe, schreibe ich Video-Kritiken, aber jetzt muss ich mich erst um meinen Weidezaun kümmern).
Ciao, Klara