Zitat:
Am liebsten würde ich es so machen, wie in diesem Video, weil das so leicht und flott zu gehen scheint und ich vermute, dass mir die Bewegung liegt
dhttp://www.youtube.com/watch?v=bGbhEuqyTGo.
Die Kämme sehen ja eher schlicht aus, 2-reihig, wenn ich das richtig sehe.
Ja, das sind die zweireihigen von Indigo Hound. Die Technik sieht gut aus, etwas hektischer als die von Kattugla
, aber auch "zielführend".
Aber schau dir doch bitte im Vergleich auch mal dieses Video an:
http://youtu.be/U9Trl5v5ZEk. Vergleich die Wollmenge, die je Durchgang bearbeitet wird. Ob du die Vor- und Nachbereitung so aufwendig wie Amanda machst kannst du ja selbst entscheiden. Claudia und ich sind da weit rustikaler, zumal unsre Wolle sich auch meist weigert, in wohlsortierten zarten Löckchen zusammenzuhalten.
Ich würde auf jeden Fall einen der Kämme in einer Kammstation oder sonstwie festsetzen wollen, und zwar so, dass die Zinken für mich Rechtshänder nach rechts zeigen, für einen Linkshänder wahrscheinlich nach links. Dann übernimmt das Gewicht des Tisches mehr als die halbe Arbeit. Theoretisch sollte es auch möglich sein, dass die Zinken des feststehenden Kamms nach oben zeigen, aber praktisch fühlt sich das für mich "verkehrt" an.
Welche Kämme ich bevorzuge, habe ich ja schon öfters erzählt. Ich bin mit den Winghams oder Peter Teal weder verwandt noch verschwägert noch krieg ich Provison, leider
:
Durch die abgewinkelten Köpfe ist die Handhabung/Ergonomie besser als bei allen anderen, die ich in der Hand gehabt habe, auch wenn die leichter waren. Ich bin kein Muskelprotz
, Claudia noch weniger, und auch sie kann die Kämme quasi beliebig lange bedienen. Das Gewicht der Köpfe ist nicht allzugroß, beim Arbeiten von oben nach unten hilft es sogar noch etwas.
Durch die vier Reihen haben sie ein mehrfaches an Aufnahmekapazität im Vergleich zu ein- oder zweireihigen. Pro Durchgang wird einfach eine größere Portion Wolle fertig (vgl. Videos). Trotzdem lassen sich Stapellängen von ca. 5 cm aufwärts verarbeiten.
Die Spitzen der Zinken sind ballig geformt wie bei Stricknadeln, nicht scharf spitz wie winzige angespitzte Bleistifte. Dadurch werden die Finger geschont, aber vor allem auch die Fasern sanfter und mit weniger Kraftaufwand voneinander getrennt.
Ob die Dicke der Zinken eine Rolle spielt, kann ich nicht sagen, eher wohl der Abstand zwischen den Spitzen und, wie gesagt, ihre Form.
Für die klassische englische Kämmtechnik ist es wichtig -- eigentlich unabdingbar --, dass die Zinken deutlich länger sind als die Kämme breit.
Beim direkten Vergleich mit den Schönwolffschen Kämmen war bei den meisten Wollen kein großartiger Unterschied im Ergebnis zu bemerken. Suffolk, Heidschnucke, Scottish Blackface, Münsterländer Weiß
, Wensleydale u.a.m. -- das ließ sich alles verarbeiten. Die langen dünnen Wensleydale-Engelchenlocken waren die einzigen, bei denen die Schönwolffschen Kämme mit den engstehenden scharfen Spitzen einen gewissen Vorsprung hatten. Aber nach einiger Zeit haben sie sich auch unseren englischen Kämmen gefügt. Wensleydale ist in unserer Werkstatt nicht die Hauptaufgabe der Kämme. Bei unserer Testreihe hatte ich mir an den Schönwolffschen Kämmen zweimal die Pfoten blutig gestochen und höchstens den halben Durchsatz an Wolle wie Wiebke an unseren englischen Kämmen -- mit unversehrten Händen.
Das zeigt natürlich auch, dass mehrere Wege nach Rom führen. Schnellstraßen und malerische Feldwege. Es mag gute Gründe geben, die vielleicht weniger was mit effizientem Arbeiten zu tun haben, weshalb sich jemand bspw. einreihige Kämme aus Ästen und Nägeln zimmert. Weils meditativer ist, mittelalterlicher, wasauchimmer. Find ich gut.
Würde ich mir englische Kämme selber bauen? Vielleicht. Die Anleitung bei Teal ist gut und vollständig. Ich habe mich aber u.a. zugunsten unserer Haus-und-Hof-Renovierungen dagegen entschieden, da schien mir meine Lebenszeit erstmal besser investiert. Und als ich die Kämme mit Halterung gesehen habe und seit ich mit ihnen arbeite, ist mir klar: so gut würde ich sie eh nicht so einfach hinbekommen. Allein die Zinken so sauber zu schleifen dürfte eine ziemliche Zuchthausarbeit sein. Die Kämme von Wingham Wool Work sind nicht billig, aber obwohl sie schlicht aussehen und aus banalem (aber technisch korrektem, weil stabilem und formbeständigem) Buchenholz bestehen, sind sie sehr durchdacht und von professioneller Qualität. Eben nicht "billig" oder "edel", sondern als gutes, langlebiges(!) Werkzeug m.E. ihr Geld wert.
NB: Alle meine mehr oder weniger antiken Spinnräder zusammen, dazu die beiden Haspeln, haben wahrscheinlich weniger gekostet als die Kämme, aber diese Gewichtung fühlt sich für mich richtig an. Die Trommelkarde war noch teurer, aber die haben wir zugunsten von schlichten Handkarden wieder abgegeben. Sicher nicht Mainstream-Verhalten, aber begründbar
.
Beste Grüße -- Thomas