Zitat:
Wer hat schon einmal Rohwolle gewaschen?
Wie?
Welche Erfahrungen...
ich kann euch gerne beschreiben, wie ich es bisher mache. als das henkys geliefert wurde, war da ein kammzug dabei. ansonsten habe ich nur selbst vorbereitete wolle versponnen bisher. der kammzug gleicht im vergleich zu meiner restlichen wolle stroh. extrem trocken, dadurch auch brüchiger, viele abstehende fasern im garn. ich gehe mal davon aus, dass man von henkys nicht grade die schlechteste qualität bekommt, daher habe ich davon abgesehen, mir weitere kammzüge zu kaufen. mit meiner methode erhalte ich ein ausgangsmaterial, dass das werkzeug wie die karden nicht verklebt und trotzdem hervorragend spinnbar ist.
ausgangsmaterialleineschafwolle
zielsaubere, lockere wolle mit einem guten restlanolingehalt, die problemlos längere zeit gelagert werden kann
vorsortierendirekt nach der schur breite ich das vlies aus und entferne die stark verschmutzten partien von hintern, bauch etc. meine schafe tragen halsbänder, daher ist der nackenbereich recht stark verfilzt, das kommt auch weg. dann wird das vlies mit der schurseite nach innen aufgerollt, kommt in eine tüte und wird stolz nachhause getragen.
nachschnitt etc. entfernenbevor ich das vlies wasche, breite ich es erneut aus und sammle alle nachschnitte ab. wenn das vlies gut zusammenhält, kann man es anfangs auch ausschütteln, das spart ne menge sammelzeit. auch grobe pflanzenteile werden rausgesammelt.
waschenvorm spinnen wasche ich nur mit kaltem wasser und ohne waschmittel im garten. dabei lasse ich zeit und sonne für mich arbeiten. man sollte sich daher eine schönwetterperiode aussuchen. am liebsten nehme ich regenwasser, da ich davon aber meist zuwenig habe, muss ich auf brunnenwasser ausweichen. da dieses sehr kalt aus dem boden kommt, befülle ich damit eine regentonne, aus der ich mich dann bediene. sonst ist der temperaturunterschied bei den spülgängen imho zu groß. ich bewege die wolle im wasser durch leichtes drücken von oben mit den händen.
zum waschen habe ich eine große schwarze maurerbütt, da passen so ca 60-70l wasser rein. die steht auf einem hund (brett mit rollen drunter), so dass ich mich weniger bücken muss und die bütt auch bewegen kann.
- bütt mit wasser füllen, vlies falten und ins wasser geben. leicht unter wasser drücken. es entsteht sofort eine braune schlammige brühe.
- vlies wieder rausnehmen, bütt ausschütten, neu befüllen, vlies wieder rein. nun lasse ich es über nacht einweichen. am nächsten tag erwärmt sich das wasser in der sonne. dadurch wird dreck, schweiß und auch ein teil des fettes gelöst.
- am frühen abend bewege ich die wolle noch ein wenig im wasser, nehme das vlies dann wieder raus und tausche erneut das wasser aus.
- dann kommt das vlies wieder rein. nun beginnt die feinarbeit. ich stelle mir einen hocker vor die bütt auf dem ich bequem sitzen kann, und dann säubere ich die verbliebenen verklebten spitzen. dazu breche ich quasi den schmutzklumpen auf, indem ich ihn zwischen daumen und zeigefinger etwas hin- und herreibe, und dann streiche ich den dreck in wuchsrichtung mit den fingern aus der spitze raus. das geht recht einfach und schnell. dabei drehe ich das vlies im wasser so, dass ich die außenseite gleichmäßig von verklebten spitzen befreien kann. vlies wieder rausnehmen, ausbreiten, auf restlichen schmutz untersuchen.
- ggf. wasser nochmal wechseln und den letzten schritt wiederholen
- zum schluss breite ich das vlies zum trocknen auf einem großen gitter aus (ist ein zaunelement. ein rankgitter ginge sicherlich auch.), das ganz provisorisch auf 4 holzstühlen an den ecken aufliegt. je nach wetterlage dauert das trocknen ein bis zwei tage.
wenn es trocken ist, kommt das vlies in einen karton oder eine große papiertüte und kann auf die weiterverarbeitung warten.
vorteilees lassen sich große wollmengen gleichzeitig waschen. das langsame erwärmen des wassers in der sonne verhindert ein verfilzen und spart energie. durch verzicht auf waschmittel bleibt ein angenehmer lanolingehalt in der wolle, und man kann das wasser zum gießen / düngen verwenden. das vlies bleibt weitestgehend heil, so dass man die einzelnen partien noch gut unterscheiden kann.
nachteileman braucht platz im freien und sehr viel wasser. außerdem darf man sich nicht davor ekeln, mit nackten händen in das schmutzwasser zu greifen. kleine pflanzenteile verbleiben in der wolle. diese fallen aber i.d.r. beim kardieren und verspinnen größtenteils raus.
das etwas zeitaufwändige spitzen auswaschen kann man sich auch sparen, dann muss man aber deutlich mehr kardierarbeit leisten.
meiner erfahrung nach lohnt es sich, am anfang gründlich zu sein, weil man sich dadurch viel arbeit und ärger in den weiteren bearbeitungsschritten spart. je besser ich die spitzen reinige, desto leichter kann ich kardieren. je gründlicher ich kardiere, desto weniger dreck wird in das garn eingesponnen, usw. usf.
auch investiere ich gern die zeit (2 tage waschen, 2 tage trocknen), wenn ich bedenke, dass ich vorher ein ganzes jahr lang jeden tag mind eine stunde dafür gearbeitet habe, das vlies überhaupt in den händen halten zu können. aus demselben grund sortiere ich auch so wenig wie möglich vorm waschen aus. auch recht verdreckte wolle lässt sich mit ein wenig mühe retten, bei mir wird nichts verschwendet.
nach dem spinnen wasche ich den strang dann in mäßig heißem wasser mit flüssiger gallseife, bis das spülwasser völlig klar ist. den strang kann ich dann problemlos ohne kissenbezug oä. in meiner wäscheschleuder (erbstück von meiner mutter von früher, als waschmaschinen noch nicht schleudern konnten) schleudern. da verfilzt oder verheddert nichts. zum trocknen auf einen bügel in die sonne hängen, fertig.